frühe Therapie oder lieber glücklich weiterleben

Chorea Huntington, eine Nervenkrankheit (auch schon mal Corea Huntington). Für Betroffene und Angehörige

Moderator: Moderatoren

Antworten
GeoJuergen
Beiträge: 22
Registriert: 16.08.2007, 07:32
Wohnort: Rheinland-Pfalz

frühe Therapie oder lieber glücklich weiterleben

Beitrag: # 14963Beitrag GeoJuergen »

Erst mal Hallo an alle - schön, dass ich dieses Forum entdeckt habe.
Hier meine Geschichte und das Problem über das ich gerne eure Meinung hören würde:
Meine Frau stammt aus einer CH Familie – Ihr Vater ist kurz vor unserer Hochzeit (1990) daran gestorben, da waren wir schon 6 Jahre zusammen – also ich wusste immer genau was auf mich zukommen kann.
Seit geraumer Zeit schon bin ich mir sicher, dass auch meine Frau (41 Jahre) an CH leidet (zunehmende Bewegungs-/Gleichgewichtsstörungen). Seit wir uns kennen leidet meine Frau zeitweise auch an schweren Depressionen/ Angstzuständen und war deshalb schon mehrfach in psychotherapeutischer Behandlung. Die letzten 10 Jahre geht es ihr aber relativ gut – vermutlich auch deshalb weil sie die Krankheit vollständig aus ihrem Leben verdrängt hat.
Bisher fand ich es richtig mit meiner Frau nicht über ihre Krankheit zu sprechen – ich weiß, dass die bittere Erkenntnis sie wieder in starke Depressionen stürzen wird. Deshalb war und ist jeder Tag an dem sie glaubt nicht erkrankt zu sein auch ein Gewinn für unsere ganze Familie.
Ich dachte irgendwann merkt sie es selbst, spricht mit mir darüber und geht zum Arzt. Aber vielleicht verdrängt sie es so stark, dass sie die Möglichkeit krank zu sein gar nicht akzeptieren kann. Auch bei meinem Schwiegervater hab ich damals einen gewissen Realitätsverlust feststellen müssen.
Jetzt das Problem: Ist es besser möglichst früh Therapien einzuleiten um möglichst lange ein hohe physische Lebensqualität zu erhalten – d.h. muss ich meine Frau mit der Tatsache konfrontieren (mit den o.g. Folgen). Oder bringen die Therapien eh nicht viel und ich warte einfach noch länger ab.
Wie ist eure Meinung / Erfahrung?

Grüße aus Rheinland-Pfalz
Geo


wuschel
die Esotherik-Fee
Beiträge: 160
Registriert: 02.04.2007, 15:50
Wohnort: treuchtlingen bei nürnberg

Beitrag: # 14964Beitrag wuschel »

lieber geo...
ich denke, daß es auf jeden fall absolut notwendig ist, das deine frau langsam an therapien hingeführt wird, die sie physisch so lange wie möglich "auf dem damm halten"!!! es gibt sehr viele möglichkeiten, die sie unterstützen können, damit sie so lange es geht, ein einigermaßen normales leben führen kann und nicht so schnell auf fremde hilfe angewiesen ist...ich habe an meinem bruder und vater gesehen, wie es nach hinten los gehen kann, wenn man diese therapien nicht macht, leider war es bei uns so, daß wir keinen arzt hatten, der uns darüber aufgeklärt hat, daß man damit den verlauf verbessern kann...denn jeder erkrankte will schließlich so lange es möglich ist, auf eigenen beinen stehen, oder???
das mit dem verdrängen von deiner frau, ist auch so eine sache...denkst du, sie bekommt wirklich depressionen, wenn sie sich bewusst macht, daß sie langsam erkrankt??? also, bei mir war es so, ich bekam angstzustände, weil ich mich mein ganzes leben nicht mit ch auseinandergesetzt habe und alles verdrängt habe...seit dem ich in der psychotherapie gelernt habe,den fall anzunehmen, daß ich evtl auch erkranken könnte, geht es mir wesentlich besser...den wenn man immer alles von sich schiebt, wird die zeit der erkenntnis danach noch schlimmer...ist jetz nur meine meinung und meine persönliche erfahrung, denn jeder mensch ist anders...eine kleine anregung für euch!!! :wink:

so, ich wünsche euch alles erdenklich gute und ganz viel kraft, haltet weiterhin zusammen...wäre schön, wenn du dich wieder mal melden würdest wie es euch so geht, wenn du magst, ja...

knutschi wuschel

:D
POSITIV BLEIBEN-EGAL WAS KOMMT!!!!!
Justine
Beiträge: 417
Registriert: 13.01.2006, 08:45
Wohnort: Kreis Segeberg/Schleswig-Holstein

Beitrag: # 14968Beitrag Justine »

Hallo Geo,
Herzlich willkommen bei uns.
Ich bin der Ansicht, dass die frühen Therapieeinsätze wie wöchentlich Logophädie, Ergotherapie und Krankengymnastik super wichtig sind!!
Jede kleinste Pause die mein Mann zwischendurch mal eingelegt hatte, hab ich in seinen Bewegungen und Verhalten jedesmal mehr und mehr gespürt und ich bin mir sicher, dass es ihm ohne diesen frühen Einsatz von Behandlungen heut viel viel schlechter gehen würde.

Es hat es vielleicht nicht stark den schweren Verlauf verändert oder gar aufgehalten, doch diese regelmäßigen Erinnerungen daran an sich zu arbeiten und immer wieder Bewegungen und Atemtechniken zu üben und zu wiederholen, die drohen verloren zu gehen, wirken sich sehr positiv aus.

Ich würde Dir empfehlen langsam und behutsam mit deiner Frau die akute Situation zu besprechen. Sag ihr, wie Du die Situation empfindest, erzähl ihr von deinen Gefühlen.

Was wäre, wenn deine Frau nicht an CH erkrankt ist und nur aufgrund der unheimlichen Angst und des Druckes vielleicht erkranken zu können und dann das Schweigen innerhalb eurer Familie unter den Depressionen und Angstzuständen leidet? Gerade weil sie durch ihren Vater ja den Verlauf von CH kennt, kann diese Ungewißheit, selber betroffen zu sein, sie vielleicht krank machen und nicht CH selbst!

Ich bin der Meinung, das Schweigen keine Lösung ist. Du hilfst ihr nicht damit. Ist die Ungewißheit, ob sie an CH erkrankt ist nicht viel schlimmer?
Hat sie je daran gedacht sich testen zu lassen?

Wenn sie jedoch erkrankt ist, ist es für sie besser, für den Verlauf der Krankheit, dass sie so früh wie möglich Behandlungen und Unterstützung bekommt und vorallem dass ihr beide offen über eure Gefühle und Ängste sprechen könnt.

Habt ihr Kinder? Wie stehen Eure Familien zu Euch? Gibt es noch weitere CH Erkrankte oder Risiko-Angehörige in eurer Familie?

Würde mich freuen weiter von Dir zu hören.

Gruß
Justine
GeoJuergen
Beiträge: 22
Registriert: 16.08.2007, 07:32
Wohnort: Rheinland-Pfalz

Beitrag: # 14998Beitrag GeoJuergen »

Danke ihr zwei für die schnelle Antwort,
das mit dem langsam und behutsam heranführen kann ich mir nicht recht vorstellen wie das gehen soll.
Übers Testen hat meine Frau schon mal nachgedacht - aber das ist über 15 Jahre her und da sie psychisch sehr labil ist hat sie sich dagegen entschieden.
Und wir beide haben uns dann auch bewusst für Kinder entschieden, jetzt gibt's leider 3 Risikopersonen (9, 13, 15 Jahre alt) mehr. In der Familie meines Schwiegervaters sind einige an CH gestorben - die kenne ich aber alle nicht - meine Frau ist ein Einzelkind und ihre ganze Verwandtschaft stammt aus dem nördlichen NRW und ich ganz vom Süden.
Schweigen ist keine dauerhafte Lösung, dessen bin ich mir bewust. Deshalb will ich auch darauf vorbereitet sein - und bin schon seit längerem auf der Suche nach einem kompetenten Arzt. Aber dazu mach ich lieber ein neues Thema im Forum auf.

Gruss Geo
Boratina
Beiträge: 25
Registriert: 21.08.2007, 14:28

Beitrag: # 15018Beitrag Boratina »

Hallo Geo

ich bin erst seit zwei Tagen in dem Forum und lese mich grad so durch die ganzen Beiträge. Als ich über deinen stolperte mit der Frühzeitigen Therapie und so. Ich kenn die CH jetzt seit mehr als 10 Jahren und ich wusste bis 2005 nicht einmal um welche Krankheit es sich wirklich handelt. Mein Vater ist betroffen sowie sein Ältere Bruder (alle restlichen Geschwister weisen keine Symthome) Ich selbst nun auch nach einem Test im letzten Jahr. Als das mit den Veränderungen anfing bei meinem Vater, redeten die Leute er sei dauer betrunken. Mir war das peinlich, weil ich genau wusste das es nicht so war. Nach langen hin und her und sehr starker Kopfschmerzproblem hat mein Vater dann endlich eine Neurologin aufgesucht. ich dachte nun ist alles gut, aber gar nichts war gut. Sein Zustand verschlechterte sich von mal zu mal. Zumal ich auf anfragen bei der Ärztin nicht wirklich die Auskunft bekommen habe, die ich hätte brauchen können. Sie redete nur von einem degenerativen Nervenleiden, sonst nichts. Und somit bekam er Medikamente mit denen er nur "Ruhiggestellt" wurde. Es ist bitter zu sehen wieviel Zeit wir dadurch verloren haben, aber nun muss ich es so nehmen wie es jetzt ist. Er wurde immer depressiver und ich wusste nicht was oder wie auch immer ich tun sollte. Meine Mutter schaffte das alles auch nicht und trank sich ihren Frust weg. Ich war am Ende!! So ging das Jahre. Bis zum Mai 2005. Meine Eltern hatten sich durchgerungen mich zu besuchen, da es meinem Vater nicht wirklich besser ging und ich gern noch etwas Zeit mit ihm haben wollte. Er musste beim Laufen gestützt werden, da wir bis dato noch keinen Rollstuhl hatte. In den ersten Zwei Wochen vom Mai setzte er einfach alle Medikamente ab. (Das wünsch ich keinem das mitmachen zu müssen) Nachdem er seine Aggressionen an meiner Mutter mit Schlägen ausgelassen hatte (Sie began sofort wieder das trinken), versuchte ich die Aggressionen von ihr wegzubringen. Ích redete auf ihn ein, er wurde gemein, verletzend...ich versuchte ihn zu beruhigen. Alles half nichts. Er nahm alles was er am Tisch fand und warf es durch die Wohnung. ich versuchte ihm den Glaskrug aus der Hand zu nehmen und dann hatte ich auch schon eine auf die Zwölf kassiert. Es ist gott sei dank nichts gebrochen gewesen, aber mit solch einem Angriff hätte ich niemals gerechnet. Ich war verzweifelt suchte Hilfe. Ich riwef den Notarzt dann, damit er ihn wenigsten ruhigstellen konnte. Dieser rückte gleich mit Polizei an(3) und zwei Pflegern. Ich stand vorm Haus und hörte ihn schrein-es tat so weh-ich hatte aber auch solch Angst vor ihm! Jedenfalls konnten sie ihn zu FÜNFT! gerade mal bändigen. Mit Tränengas und Handschellen wurde er abgeführt und in eine geschlossene Anstalt gebracht. Ich war völlig am Ende, aber auch froh, das er in diese geschlossene Anstalt gekommen war. Erst dort erfuhr ich die schreckliche Tatsache, das er an der CH leidet und somit wurde ich gleich ein wenig aufgeklärt bzw. weiter nach Taufkirchen( Vils) geschickt, wo er gute Medikamenteneinstellung bekam. Und seit der neuen Einstellung ging es richtig nochmal bergauf. Jetzt zwar Zeitlich wieder berg ab, aber ich bin davon überzeugt: Hätte er von anfang an die Richtigen Medikamente und Versorgung bekommen, hätte ich mir sehr viel schmerz in meinem Herzen und ihm ersparen können. Ich bin sehr froh dieses Forum gefunden zu haben. DANKE!!! Liebe Grüße Boratina
Udo
Moderator
Beiträge: 5452
Registriert: 16.06.2006, 01:19
Wohnort: Itzehoe
Kontaktdaten:

Beitrag: # 15020Beitrag Udo »

Ich denke auch, das eine frühzeitige Therapie sehr wichtig und sinnvoll ist, einschließlich Psychologische und Therapeutische Unterstützung für den Betroffenen und den/die Angehörigen, um gemeinsam einen Weg zu finden, wie man mit der doch ergreifenden Diagnose bzw. der Krankheit am besten umgehen kann, und welche Maßnahmen man zusammen für die Zukunft ergreifen will.

Gruß Udo
Abends geht die Sonne unter, morgens geht sie wieder auf !
Vira
Beiträge: 1
Registriert: 17.08.2007, 18:11

Beitrag: # 15359Beitrag Vira »

Hallo ich freue mich dieses Forum gefunden zu haben. Ich bin 41 Jahre alt mein Mann auch wir haben zwei Kinder.Mein Mann ist Risikoperson,sein Vater ist vor10 Jahren an ch gestorben.Seit einem Jahr fallen mir einige Veränderungen bei meinem Mann auf Wesensveränderung manchmal denke ich er ist ein ganz anderer .Er tut Dinge die man nicht versteht.Ich habe mit meiner Schwiegermutter geredet die sagt man soll ihm nichts sagen sondern warten bis was pasiert.Ich denke so ist er auch erzogen worden hat sich nie mit der ch auseinander gesetzt sondern immer alles Verdrängt.Daraufhin bin ich zu einem Psychologen wo ich immer noch bin der mir rät mit ihm darüber zu reden.Was mein Ihr Viele Grüsse Vira
GeoJuergen
Beiträge: 22
Registriert: 16.08.2007, 07:32
Wohnort: Rheinland-Pfalz

Beitrag: # 18310Beitrag GeoJuergen »

hab es endlich geschafft – zusammen mit einer guten Freundin haben wir meiner Frau so schonend wie möglich beigebracht, dass Sie deutliche neurologische Auffälligkeiten zeigt und sich in Behandlung begeben sollte. Zwei Dinge waren für mich erstaunlich:

Sie war davon völlig überrascht und hat an sich selbst bisher keinerlei Symptome festgestellt, obwohl sie ja diese Bewegungsunruhe hat, dauernd was umwirft, verschüttet, unsicher geht und stolpert, verschluckt, krakelig schreibt, usw.

Sie ist nicht wie erwartet psychisch zusammengebrochen sondern hat es relativ gefasst und ohne Zweifel akzeptiert, dass es nur die Krankheit ihres Vaters sein kann.

Aber vielleicht kommt das erst noch – ich hoffe es nicht. Derzeit lebt sie von der Vorstellung, dass es doch bestimmt viel bessere Medikamente als früher gibt und es bei ihr bestimmt nicht so schlimm wird wie bei Ihrem Vater....

Jetzt stellt sich die Frage erst mal zum lokalen Neurologen - der möglicherweise keine Ahnung hat oder lieber gleich nach Taufkirchen - wo sie dann allerdings auf schwere Fälle treffen wird was sie wahrscheinlich psychisch doch aus der Bahn werfen wird.
Was meint Ihr?

Grüsse Geo
Udo
Moderator
Beiträge: 5452
Registriert: 16.06.2006, 01:19
Wohnort: Itzehoe
Kontaktdaten:

Beitrag: # 18311Beitrag Udo »

Hallo GeoJuergen

Erst mal Glückwunsch, das Ihr zu einem Arzt gegangen seid, und ich würde in Taufkirchen anrufen und Euren Fall schildern, ich denke, das Sie sich dort auf Eure Situation einstellen können. In Bochum gibt es doch auch eine Station, wo man sich beraten und behandeln lassen kann? Oder ist Taufkirchen näher? Ich glaube, Deine Frau wird da stärker sein als Du vielleicht vermutest bezüglich der Behandlung.

Gruß Udo
Abends geht die Sonne unter, morgens geht sie wieder auf !
Antworten

Zurück zu „Chorea Huntington“